Buchnische

Der Nachbau der Buchnische des Godehardiklosters in der Dombibliothek

Neben den rekonstruierten mittelalterlichen Möbeln bildet die von uns erbaute Kulisse einen besonderen Blickfang, der mehrere Zwecke erfüllt. So soll die Mauer nicht nur die eigentliche Ausstellung vom Rest des Foyers abtrennen und sogar anteilig die direkte Sicht aus dem Foyer blockieren, sondern sie soll auch einen gewissen Grad an Immersion bieten. Man befindet sich, nachdem man den Durchgang durchschritten hat, in einem „anderen Raum“ und kann sich auf die Ausstellung konzentrieren. Und dieser „Raum“ wird dominiert von den rekonstruierten Eichenmöbeln und dem Kulissenteil der Nische, die einen Teil des Kreuztonnengewölbes aus dem Bibliotheksraums von St. Godehard nachahmt.

Im Kloster St. Godehard besteht der Bibliotheksraum aus einem großen annähernden Quadrat, das in neun Felder unterteilt ist. Jedes Feld ist ein vierteiliges Kreuztonnengewölbe. Dadurch ergeben sich an den Wandseiten zwölf Nischen, von denen sieben Nischen einstmals Schränke hatten, in denen die Bücher verwahrt wurden. Die übrigen fünf Nischen beherbergen die Tür, den Durchgang zu einem Nebenraum und drei Fenster. Diese Nischen, bestehend aus jeweils einem Bogen auf zwei Säulen, sind in der Wandfläche mit einem Buchstaben in einem Wappenschild ausgestattet. Sie sind so markant, dass wir uns entschlossen, diese Optik nicht nur auf Fotos oder in Simulationen zeigen zu wollen, sondern dreidimensional und im richtigen Maßstab in den Raum zu stellen.

Da die Originalnischen alle leicht unterschiedlich sind und die Bögen keine perfekten Halbkreise, aber die Konstruktionsidee deutlich erkennbar ist, haben wir in unserem Bau die Geometrie leicht idealisiert und Ungenauigkeiten herausgenommen. So sind die Kreisbögen im Original mal leicht flach, mal leicht hoch und die eigentlich rechten Winkel nicht immer perfekt 90°.

Die Mauern bestehen aus einem hölzernen Rahmen, dessen Flächen mit Kaninchendraht bespannt wurden.

In einem nächsten Schritt wurde diese Fläche mit einer Schicht Pappmaché bedeckt und anschließend mit Makulaturtapete beklebt.

Mittels Abtönfarbe und selbst angefertigter Schablonen, die jeweils die einzelnen Steine imitierten, wurde die Fläche zu einer Steinmauer gestaltet.

Wie auch bei der Mauer ist die Grundkonstruktion für die Nische ein hölzerner Rahmen, der die Kanten des fertigen Baus bereits vorgibt. So bestehen die Säulen aus an den Ecken senkrecht angebrachten Hölzern, die auf einem Bodensegment angebracht sind und den gestuften Bau der Säule bilden.

Auf Höhe des Bogenanfangs haben wir die Säulen abgebrochen und den Bogen konstruiert. Während auf der Rückseite hinter dem Schrank ein großer Halbkreis aus OSB Brettern angebracht ist, der die Bogenform vorgibt, gehen von den Säulen im 90° Winkel in Richtung Betrachter:in Viertelkreise und im 45° Winkel in Richtung Betrachter:in und Mitte jeweils eine Viertelellipse aus.

Zwischen diesen Bögen haben wir in einem weiteren Schritt Rippen aus breiteren Leisten angebracht. So wurde der Bau in sich versteift und es ergab sich eine Hilfskonstruktion, an der Sperrholzbretter angebracht werden konnten. Die Sperrholzbretter liegen an ihren Enden auf den Rippen auf und werden in der Mitte auf eine weitere Rippe mittels Schrauben heruntergezogen. Dadurch entsteht ein gleichmäßiger Bogen, der die Grundlage für unser Kreuztonnengewölbe ergibt.

Auch die ebenen Flächen wurde mit Sperrholzbrettern verschalt, eh jeweils in die Bögen zwischen den Säulen aus Schaumstoff eine Verdickung eingesetzt wurde, die einen zusätzlichen Steinbogen andeuten soll. Hiernach wurde ebenfalls in der Nische die gesamte Oberfläche mit Makulaturtapete überklebt, um eine einheitliche Oberfläche für die Bemalung zu bieten.

Nachdem auch die Nische hell getüncht und in den Bögen eine Steinstruktur aufgemalt wurde, projizierte ein Beamer die rekonstruierte Bemalung der Bogeninnenseite an die Fläche, sodass die Umrisse originalgetreu nachgezeichnet werden konnten. Für die Ausmalung wurden zwar moderne Acrylfarben verwendet, aber es wurde versucht, die Farbtöne so nah am Original anzulehnen wie möglich, um die Nische in etwa so zu zeigen, wie sie sich auch einem Mönch kurz nach Fertigstellung im 15. Jahrhundert bot.