Chroniken

Ihre Ursprünge findet die Chronik bereits in der Antike, erfuhr ihren ersten Höhepunkt im Spätmittelalter zur Zeit der immer weiter erstarkenden Städte. Im Gegensatz zur ebenfalls geschichtsschreibenden Literaturgattung der Annalen stützt sich die Chronik nicht auf das ordnende System nach Jahren, sondern orientieren sich an den sechs Weltaltern. Diese standen repräsentativ für die sechs Schöpfungstage und ordneten die Weltgeschichte buchstäblich an Basis der Bibel; am sechsten Tag erschuf Gott den Menschen, das sechste Weltalter begann mit der Geburt Christi. Die mittelalterliche Chronik beinhaltet folglich häufig auch religiöse, mythische und legendäre Erzählungen und beginnt so weit am Anfang wie möglich und erstreckt sich bis in das Heute des Autoren. Weltgeschichte und Heilsgeschichte waren eng miteinander verknüpft und verwoben.

Eine der berühmtesten Chroniken ist die Schedelsche Weltchronik aus dem Jahr 1493, in der die Weltgeschichte von der Schöpfung bis zum jüngsten Gericht erzählt wird. Der inhaltliche Schwerpunkt in solchen Chroniken liegt trotzdem häufig in der „direkten Vergangenheit“, im Fall der Schedelschen Weltchronik ist das die Spätantike bis zum „Heute“. Einige Weltchroniken gehen sogar noch einen Schritt weiter und schließen mit dem jüngsten Gericht.

Chroniken erfüllten mehrere Zwecke gleichzeitig. Zum einen dienten sie dem Festhalten der Vergangenheit bzw. dessen, was man für die Vergangenheit hielt, aber zum anderen auch der Selbstverortung in der Geschichte. Sie richteten sich in der Regel an ein breites Publikum und waren bspw. eine repräsentative Darstellung der Herkunft und Leistung eines bestimmten Adelsgeschlechts oder einer ethnischen Gruppe. Hier soll als Beispiel die Sachsenchronik des Widukind von Corvey genannt werden. Widukind stellt den Stamm der Sachsen als Nachkommen des griechischen Heeres unter Alexander dem Großen dar, die sich später im heutigen Niedersachsen ansiedelten, und reicht zur Königsernennung Ottos I. Zielpublikum waren hier die Königsfamilie, der Hof und womöglich auch die Gäste am Hof.

Spätere, besonders im 14. und 15. Jahrhundert beliebte Stadtchroniken dienten einem ähnlichen Zweck, nämlich der Präsentation des eigenen Stellenwertes in der Welt und Geschichte. Eine zweite Hochphase hatten Stadtchroniken in der Reformationszeit, als sie ebenfalls zur Festigung eines Selbstbildes und Selbstverständnisses dienten.

In Chroniken wurde nicht nur reines Geschichtswissen gesammelt wurde, sondern gewissermaßen auch Allgemeinwissen über die Welt, in der man lebte. So beinhaltet die Koelhoffsche Chronik zur Stadt Köln aus dem Jahr 1499 ein Kapitel über die Erfindung des Buchdrucks und die Cronecken der Sassen von Cord Bote aus dem Jahr 1492 beschreibt viele Städtegründungen in Norddeutschland und hat ein äußerst reiches Bildprogramm von städtischen und adligen Wappen in den individuellen Holzschnitten.