Chronicon

EB 18,1-3

Antoninus Florentinus: Chronicon. Teile 1–3.

Anton Koberger: Nürnberg, 1491

Sailko, Chiostro dello scalzo, busto di sant'antonino 03, Ausschnitt, CC BY-SA 3.0

Das dreibändige Werk beinhaltet die Weltchronik des Antoninus Florentinus (1389-1459), Dominikaner, Erzbischof von Florenz und einer der produktivsten wie vielseitigsten Theologen seiner Zeit, der bereits wenige Jahre nach seinem Tod heiliggesprochen wurde (1523).

Als Antonius Pierozzi wurde er in die Familie eines Florentiner Notars geboren; wegen seiner geringen Körpergröße wurde er jedoch bekannt als „Kleiner Antonius“, Antoninus. Als Sechzehnjähriger trat er in den Dominikanerorden ein, absolvierte dort ein Theologie-Studium und wurde zum Priester geweiht. Dank seiner intellektuellen Fähigkeiten stieg Antoninus innerhalb des Ordens rasch auf und leitete Niederlassungen in Cortona, Rom, Neapel und Florenz. Dabei war er maßgeblich an Initiativen zur inneren Reform beteiligt.

Darüber hinaus stand Antoninus immer wieder in den Diensten der Kurie, beispielsweis 1431 als General-Auditor der Rota, des höchsten Gerichts der Römischen Kirche. Papstes Eugen IV. bestimmte ihn schließlich 1446 zum Erzbischof seiner Heimatstadt Florenz.

In diesem Amt agierte er politisch und profilierte sich aus unterschiedlichen Anlässen. Dabei schreckte Antoninus nicht vor der Konfrontation mit der Familie der Medici und deren Machtansprüchen zurück, auch wenn er zu ihnen über grundsätzlich gute Kontakte verfügte. Sein soziales Engagement war groß, insbesondere in der Seelsorge und in der Caritas, und entsprach grundsätzlich den Traditionen der Bettelorden, zu denen die Dominikaner gehörten. Antoninus‘ Einsatz für die Opfer der Pest 1448 sowie des Erdbebens 1453 brachte ihm großes Ansehen ein; er selbst galt als persönlich integer, seine Lebensführung geradezu als vorbildlich für eine kirchliche Führungspersönlichkeit, was in dieser Zeit des Umbruchs und der Krise der römischen Kirche keine Selbstverständlichkeit darstellte.

Bereits während seiner Zeit im Dominikanerorden arbeitete Antoninus wissenschaftlich und deckte ein breites Interessenspektrum ab. Eine Fülle an grundlegenden Werken legte er vor: das Chronicon partibus tribus distincta ab initio mundi ad MCCCLX, also die hier präsentierte dreibändige Weltgeschichte bis 1360; ein ethisches Handbuch, die Summa theologica moralis, die sowohl das individuelle als auch das gesellschaftlich-wirtschaftliche Handeln berücksichtigt. Wissenschaftsgeschichtlich ist dieses Werk insofern interessant, als Florentinus darin für ein staatliches Eingreifen in wirtschaftlichen Fragen plädiert, um das allgemeine Wohlergehen zu gewährleisten und darüber hinaus die Armen und Bedürftigen zu unterstützen. Schließlich genießt seine „Bußsumme“ (Summa confessionalis) eine breite Rezeption.

Die dreiteilige Weltchronik des Antoninus ist ganz der klassischen Tradition mittelalterlicher Chronistik verpflichtet: Geschichte wird als Teil der Schöpfung Gottes gedeutet; in der Geschichte gilt es daher, gerade auch Gottes Wirken aufzuzeigen. Von kulturhistorischem Interesse sind besonders jene Abschnitte, in denen Antoninus über seine eigene Zeit berichtet. Als Strukturelement dominieren Lebensgeschichten, also Biogramme von bedeutenden Zeitgenossen wie den Humanisten Poggio Bracciolini (1380-1459) und Leonardo Bruni (1370-1444).

Holbein d. Ä., Hans English: Holbein the Elder, Hans Hans Holbein the Elder (Q49987), Lineage of the Dominican Order (SM hm9), CC BY-SA 4.0

Ausführliche Besitzvermerke weisen die Bände als Eigentum des Godehardiklosters aus: Liber monasterii sancti Godehardi p(ro)pe (et) ex(tra) hildensem ordinis sancti Benedicti.

Es handelt sich hier um einen Druck, der aus der Nürnberger Offizin von Anton Koberger (um 1440–1513) stammt, eine der bedeutendsten und größten Druckereien der Zeit, die als eine der ersten überhaupt unternehmerisch wirtschaftete und europaweit tätig war. Koberger bot ein relativ breites Spektrum an Titeln aus Theologie, Philosophie, Geschichte, weltlichem und kanonischem Recht sowie Liturgica an.

Die bis heute bleibende Bekanntheit erlangte die Druckerei durch eine Ausgabe der Schedelschen Weltchronik sowie eine zweibändige, mit zahlreichen Holzschnitten versehene deutsche Bibelausgabe, die daher auch als Koberger-Bibel bezeichnet wird.

 

Diese aus der zweiten, 1491 gedruckten, Auflage stammende Ausgabe der Chronik wurde in der klostereigenen Werkstatt von St. Godehard eingebunden.

Darauf deuten die identifizierbaren Stempel der insgesamt gut erhaltenen Bände hin. Sie wurden mit Signaturschildern versehen, die ihnen einen Platz in der Nische „E“ geben, gleich an erster (Schild auf dem Vorderdeckel: „E1“ usw.) bzw. zweiter Stelle (handgeschriebene Rückensignaturen „202“, „203“ und „204“). Einige der Initialen, die im fortlaufenden Text beim Druck für die handschriftliche Ausgestaltung üblicher Weise freigelassen waren, wurden – vermutlich wiederum in St. Godehard – sind mit dekorativen Initialen oder Miniaturen versehen.

Aufgeschlagen in der Ausstellung sind hier Abbildungen des Kaisers Konstantin sowie die Initiale H.